RÉSUMÉ
Als Pina Bausch zur Spielzeit 1973/74 die Tanzabteilung der Wuppertaler Bühnen übernahm, wurde das einstige Ballett auf ihren Wunsch hin in Tanztheater Wuppertal umbenannt: Ein deutliches Signal, mit dem die damals 33jährige Choreografin von Anfang an ihre Eigenständigkeit behauptete. Ein Signal zum Ausbruch aus Gewohntem und Aufbruch zu neuen Wegen. Ein Zeuge dieser Anfangsjahre war der Filmemacher und Fotograf KH.W. Steckelings. Pina Bausch hatte ihn eingeladen, ihre Kompanie bei den Proben und in den Pausen mit der Kamera zu begleiten. So entstanden in den Jahren 1974 und 1975 rund 1400 Bilder. Die meisten wurden nie abgezogen und gerieten über die Jahre in Vergessenheit.
In dem Bildband „Pina Bausch backstage“ sind erstmals 150 dieser Fotografien versammelt. Aus heutiger Sicht sind sie ein kostbarer Schatz – gibt es doch kaum Bilder aus Pina Bauschs frühen Jahren mit dem Tanztheater Wuppertal. Bis heute machen sie die Aufbruchstimmung dieser frühen Jahre spürbar; lassen die von Konzentration, Spannung, Vertrauen, Mut zum Experiment und geduldigem Warten geprägte Atmosphäre der Probenarbeit erkennen, die in größtmöglichem Kontrast zum engen Korsett des klassischen Balletttrainings stand. Dabei nahmen die Tänzerinnen und Tänzer die Anwesenheit des Fotografen augenscheinlich kaum wahr. Nichts an seinen Aufnahmen wirkt gestellt oder gekünstelt. Beim aufmerksamen Betrachten fühlt man sich direkt hineinversetzt in den künstlerischen Prozess jener Anfangsjahre, als Pina Bausch und ihre Gruppe neue tänzerische Ausdrucksformen entwickelten.
Der Fotograf KH.W. Steckelings arbeitete stets im vollen Format – geschickte Ausschnittvergrößerungen oder nachträgliche Bearbeitungen gibt es bei ihm nicht. Es hieß, den entscheidenden Moment zu erhaschen – und der Augenblick gilt. Der schwarze Negativrand, der bei der Vergrößerung der Schwarz-Weiß-Aufnahmen stehen blieb, bezeugt und betont diese Haltung. Steckelings ebenso intime wie ungekünstelte Aufnahmen sind Bildzeugnisse, welche an die verschwundene Welt des Ballettsaals im Wuppertaler Opernhaus ebenso erinnern wie an die Tänzerinnen und Tänzer der ersten Stunde der jungen Kompanie und an die Stücke der frühen Jahre: Fritz, Wind von West, Ich bring Dich um die Ecke, Adagio – Fünf Lieder für Gustav Mahler, an den Werkstattabend Fliegenflittchen und die Gluck-Oper Orpheus und Euridyke.
Und natürlich an die junge Pina Bausch, die mit Entschlossenheit und sanfter Beharrlichkeit aus dem einstigen Wuppertaler Opernballett das einzigartige Tanztheater Wuppertal machte.
Fourty years ago – at the outset of the 1973/74 season – Pina Bausch started her tenure as head of ballet at Wuppertal theatre. Film maker and photographer KH. W. Steckelings was a witness from the very beginnings. Pina Bausch had invited him to accompany her dancers during rehearsals and breaks with his camera. A task Steckelings performed in a both inconspiuous and emphatic manner. Obviously, the dancers rarely took notice: none of his photographs display a quality of being posed or mannered. They convey an illusion of being part of the artistic process in these early years when Pina Bausch an her company developed new forms of expression in dance.